Review zum Metropolengespräch: Die klimagerechte Stadt. Anforderungen an ein nachhaltiges städtebauliches Gesamtkonzept

Montag, 3. Februar 2020
18:00 – 20:15 Uhr
IHK Frankfurt am Main / Börsenplatz 4 / 60313 Frankfurt am Main

Am Montag, den 03. Februar trafen sich interessierte Bürger*innen in der IHK Frankfurt, um gemeinsam mit Vertretern und Vertreterinnen der Bereiche Architektur, Journalismus, Stadt- und Landschaftsplanung  und Verantwortlichen der Stadt Frankfurt über die klimagerechte Stadt sowie deren Anforderungen an ein nachhaltiges städtebauliches Gesamtkonzept zu diskutieren. Das Thema stieß auf große Resonanz und wir freuen uns, dass so vielen Zuhörenden das Wohlergehen der europäischen Stadt und ihrer Bevölkerung so am Herzen liegt wie unserer Stiftung.
Daher formulierte es Prof. Dr. Wolfgang Böhm, Vorstandssprecher der Stiftung Urban Future Forum e.V., so: „Der Klimawandel führt uns unweigerlich zurück zu der Kernfrage, die das Urban Future Forum seit Bestehen der Stiftung beschäftigt: Wie werden wir in den kommenden Jahren und Jahrzehnten, wie werden die kommenden Generationen in den urbanen Räumen leben? Das Thema der ‚Nachhaltigkeit‘ findet Einkehr in die Industrie, Unternehmens-, Bau- und Immobilienwirtschaft und wirft wesentliche Fragen auf, die für ein nachhaltiges städtebauliches Gesamtkonzept zu beantworten wären. Wird es genügen, die öffentlichen Räume umzugestalten, das Stadtgrün und die Freiflächen zu vergrößern, Mobilitäts- und Infrastruktursysteme digital zu optimieren, Quartiere und Gebäude energetisch zu ertüchtigen, um die sogenannte ‚Resilienz‘ der Städte – also die Widerstandsfähigkeit gegen die Folgen des Klimawandels – zu stärken?“
Prof. Dr. Böhm sprach sich für einen „Dreiklang“ aus gesellschaftlichem, ökologischem und wirtschaftlichem Wandel im Sinne der Nachhaltigkeit aus.
Er schloss mit den nachdrücklichen Worten: „Denn den Klimaschutz – auch und gerade bei der Stadtentwicklung – machen wir für niemand anderen als für uns selbst. Ich meine, wir sind nun alle in der Pflicht dahingehend grundsätzlich umzudenken und mit diesem Denken auch adäquates politisches Handeln zu fordern.“

Auch Melanie Nolte, Vizepräsidentin der IHK Frankfurt am Main, betonte bei ihrer Begrüßung die Herausforderungen des Klimawandels und die Notwendigkeit einer nachhaltigen Immobilienwirtschaft. Bereits 2014 hat die IHK daher einen Arbeitskreis gebildet, der die nachhaltige Wirtschaft in Unternehmen in den Fokus nimmt.
Vor welchen großen Herausforderungen wir dabei stehen wurde von Thomas Ranft thematisiert. Seine deutlichen Worte über die Dringlichkeit tätig zu werden und die Notwendigkeit umzudenken – die er mit Studien und Statistiken untermauern konnte – machten auch den Zuhörern klar, dass jetzt die Zeit zum Handeln ist. Trotz seiner drastischen Darlegungen machten seine Worte auch Mut, denn „Not macht erfinderisch“.
Prof. Dr. Constanze A. Petrow zeigte, dass die Not sogar bereits sehr erfinderisch gemacht hat. An vielen Beispielen aus dem In- und Ausland präsentierte sie Möglichkeiten, den Folgen des Klimawandels – wie Starkregenereignissen, Überschwemmungen, der Verlust von Biodiversität und den Urban Heat Islands – entgegenzutreten. Prof. Petrow arbeitete zudem heraus, wie Großstädte in Zukunft ein bestmögliches Stadtklima erzeugen, die Lebensqualität für Bürgern verbessern und den öffentlichen Raum durch Qualifizierung und topografische Anpassungen auf Wetterereignisse vorbereiten können. Besonders beeindruckten die Konzepte der Stadt Kopenhagen, die durch das „Schwammstadt-Prinzip“ nun gegenüber Starkregenereignissen und Überschwemmungen gewappnet ist. Dabei wurde deutlich, dass Frankfurt bisher nur „Kosmetik“ betrieben hat, da es große steinerne Stadtplätze nur vereinzelt mit Bäumen bestückte, um freie Flächen für Events zu gewährleisten und durch das hohe Verkehrsaufkommen sowie den enormen Parkplatzbedarf in einer Sackgasse steckt.

In der anschließenden Podiumsdiskussion forderte Florian Schwinn, freier Journalist und Autor, mehr Veränderungen und schlug Möglichkeiten vor, den Beton aus den Böden zu holen, um Humus zu schaffen, der verstärkt genutzt werden könnte, um CO2 zu binden. Er sieht auch Chancen darin, öffentliche Kantinen auf Produkte aus regionaler Landwirtschaft sowie mit Bioqualität umzustellen, um Bauern aus der Umgebung einen festen Markt zu geben und die Umstellung zu erleichtern. Prof. Petrow unterstrich außerdem die Bedeutung von Ideen-Wettbewerben, um Teilhabe zu verstärken und Bilder für die Bevölkerung zu generieren. Auch schlug sie vor, Universitäten stärker miteinzubeziehen. Ihr großer Wunsch war ein Vorreiterprojekt, bei dem Frankfurt nun endlich einen Schritt vorwärtsgeht und vergangene Bausünden bereinigen könnte. Ihr Vorschlag mit dem Goetheplatz zu beginnen, wurde von dem anwesenden Leiter des Stadtplanungsamtes von Frankfurt, Martin Hunscher, nicht weiter aufgegriffen. Obwohl, so Herr Hunscher, schon lange Konzepte erarbeitet würden, gäbe es leider kein konkretes Beispiel, wie Frankfurt mit dem Thema Nachhaltigkeit und Klimawandel in Zukunft umgeht, von einem städtebaulichen Gesamtkonzept einmal ganz zu schweigen. Um einen Wandel herbeizuführen, braucht es mutige Städte und einen hohen finanziellen Aufwand über einen langen Zeitraum. Welche deutsche Stadt hierbei den Anfang macht, muss leider noch offenbleiben. Das wird sich in naher Zukunft zeigen. Frankfurt am Main hätte die Chance hier Vorreiter und Vorbild für klimagerechtes Handeln im urbanen Raum zu sein.

Text und Bilder: Laura Margielsky (Mitarbeiterin des urban future forum)